Ich sammele. Daraus entstand schon so manche meiner Arbeiten. Meine aktuell 2.108 Exemplare umfassende Loseblatt-Sammlung von Klopapier aus aller Welt startete ich einst, um für das Jahr 00 einen Kalender bebildern zu können.
Während die Welt noch immer darauf wartet, öffnete ich zu Beginn der Corona-Zeit endlich meine Schatzkiste – anlässlich des damit einhergehenden Run auf diesen vermeintlich so profanen Konsumartikel. Das Medienecho auf meine ebenso umfangreiche wie kurzweilige YouTube-Reihe war enorm. Das bescherte mir wiederum eine Reihe wunderbarer »Schenkungen« aus aller Welt. Manche Menschen versorgen mich weiterhin mit immer neuen Funden, die ihnen andernorts am Arsch vorbeigehen.
Etwas habe ich dann doch aus der Sammlung gemacht: einen Klopapier-Adventskalender, mit 24 unterschiedlichen Rollen, liebevoll verpackt und nummeriert. Ein Unikat, das man ersteigern konnte. Der Erlös ging an sea-watch.org.
Da ich mittlerweile mehrere Abreißkalender ausstatten könnte, keimt in mir die Lust dazu wieder auf. Schauen wir mal.
Einen Teil meiner Sammlung zeigte in einer Einzelausstellung das Museum im Adler in Benningen bei Stuttgart. Zuvor gastierte sie bei der Berliner A — Z Galerie in der Ausstellung »Graphic. Designers. Collectors.«.
Meinen gleichnamigen Vortrag hielt ich inzwischen schon an verschiedenen Hochschulen. Lass mich wissen, wenn auch Ihr darauf Lust habt. Hier ein
kleiner Vorgeschmack
Wo Menschen früher alles Mögliche eingesetzten, um nach der Notdurft ihr Gesäß zu reinigen, ist seit Ende des 19. Jahrhundert das Toilettenpapier von der Rolle weltweit Standard geworden.
Beschaffenheit
Toilettenpapier gibt es in verschiedenen Qualitäten. Schlechteste Qualität ist nahe am Kreppapier, meist aus recyceltem Material, gute Qualität besteht aus besonders saugfähigem, zartem Tissuepapier. Toilettenpapier hat in der Regel eine glatte Oberfläche, ist jedoch gelegentlich mit Prägungen versehen, teils aus Gründen der Stabilisierung des Papiers, teils um das Wischen noch effekiver zu machen, teils aus Dekorationsgründen. Hier zeigen vor allem die Schweizer eine deutliche Vorliebe für Toilettenpapier mit Noppen. Während zum Beispiel Deutsche die Qualität an der Anzahl der Lagen bemessen, und gern kürzere Streifen benutzen, ist US-Amerikanern, Engländern und Japanern wichtig, dass das Toilettenpapier möglichst zart und fein ist. Sie benutzen längere Streifen von Toilettenpapier in einer Art Biskuittechnik.
Format
Das Format der einzelnen Toilettenpapierblätter, die sich durch eine Perforationslinie voneinander trennen lassen, variiert national. In Deutschland, Holland, Frankreich, Polen, Schweiz ist zum Beispiel etwa Postkartengröße Standard (ca. 100 × 140 mm), also etwa Din-Format. In England ist das übliche Format bereits etwas breiter, ca. 115 × 135 mm. Das extremste mir bekannte Querformat ist 115 × 102 mm (Thailand), das extremste mir bekannte Hochformat (nicht mitgezählt Toilettenpapierrollen ohne jegliche Perforation) ist 100 × 366 mm (Werbe-Toilettenpapier von Schmidt Spiele, Deutschland).
Farben
Für den Fond herrschen außer den Naturtönen zwischen Weiß und Grau oder Beige Pastelltöne vor: Rosa, Apricot, Hellgelb, Hellblau, selten Blasslila, Blassgrün, selten jedoch satte Farben wie Schwarz, Weinrot, Neongrün, Königsblau, etc. Das Papier ist in diesen Fällen immer durchgefärbt. Flächig bedrucktes Toilettenpapier ist unüblich. Umweltbewusste achten darauf, dass ihr Toilettenpapier unbedruckt ist, und billigen allenfalls den Aufdruck, dass es sich um – eben – umweltbewusstes Toilettenpapier handelt. Wenn es einen Aufdruck gibt, ist er häufig einfarbig. Beliebt ist hier wiederum: Rosa und Rosarot, auch Blau, das zusammen mit dem weißen Untergrund so schön hygienisch aussieht, seltener Lila, Orange, Braun oder Grün.
Dekor
Gerne wird Toilettenpapier mit Mustern versehen. Bei den Mustern handelt es sich in den meisten Fällen um »Streumuster«, das heißt ein Motiv wird mehrfach (unregelmäßig) über die Fläche verteilt (»verstreut«). Streifen gibt es – aus nachvollziehbaren Gründen – so gut wie kaum, auch Pünktchenmuster sind selten. Gelegentlich haben Toilettenpapiere eine Prägung im Krokodilmuster, Wellen‑, Kreis- oder Karovarianten. Das schließt nicht aus, dass sie auch zusätzlich noch bedruckt sind. Ornamente stehen üblicherweise als abgeschlossene Einheiten für sich, gehen nicht ununterbrochen (beispielsweise als Borte) vom ersten bis zum letzten Blatt.
Motive
Vorherrschend ist alles, was weich und flauschig assoziiert wird, als da wären: Bären, Katzen, Hasen, Flaumfedern, Wolken, sowie alles was leicht ist: wiederum Wolken und Flaumfedern, Blätter aller Art, Schmetterlinge, fliegende Vögel und alles was mit angenehmem Duft assoziiert wird, nämlich: Blumen aller Art. Die Verletzung der Würde all dieser liebenswerten Geschöpfen scheint nicht Gegenstand der Überlegungen zu sein. Selten sind Motive, die edel wirken sollen, wie zum Beispiel die Lilie der Bourbonen (besonders pikant: dieses französische Hoheitszeichen auf einem englischen Toilettenpapier von Marcs and Spencer …). Weniger selten sind Anspielungen auf das Wasser, wie Fische, Muscheln und anderes Wassergetier.
Zusätze
Manche Toilettenpapiersorten werden parfümiert, gerne mit Kamille-, Pfirsich- oder Rosenduft. Andere werden antibakteriell aktiv. Eine Abart bildet Scherz‑, Kunst- und Werbe-Toilettenpapier, das dem Benutzer statt bedeutungsleerem Dekor amüsante oder tiefgründige Inhalte zur Lektüre anbietet (eher selten). Außerdem gibt es noch feuchtes Toilettenpapier, mit einer pflegenden Reinigungslotion getränkt, das jedoch nicht auf der Rolle verkauft wird, sondern zusammengefaltet oder ‑gerollt, in luftdichten Plastikboxen.
Zuständigkeit
Wer nun eigentlich für die Gestaltung von Toilettenpapier zuständig ist, bleibt der Spekulation überlassen. Ich weiß von keinem renommierten Designbüro, das in diesem Sektor tätig gewesen wäre, von keinerm bekanntren Illustratori. Bis heute gibt es so gut wie kein Designertoilettenpapier. Auch an den Design(hoch)schulen ist dies kein Gegenstand der Betrachtungen. Trotz aller existierenden Varianten ist Toilettenpapier zudem nach wie vor einer der konservativsten Bereiche der grafischen Gestaltung – ein erstaunlicher Umstand, um nicht zu sagen: Missstand.
Ich sammle und betrachte Toilettenpapier nun schon seit so langer Zeit, dass ich viele unausgeschöpfte Möglichkeiten erkenne und jede Menge Gestaltungsideen habe. In anderen Worten: Ich würde liebend gern selbst einmal Toilettenpapier gestalten!