Piktogramme sind gestalterisch gesehen vielleicht die erstaunlichsten Arbeitstiere überhaupt. Menschheitsgeschichtlich gehören sie zu den ältesten Kulturleistungen. Ohne sie wären wir heute aufgeschmissen. Sie geben uns Orientierung, helfen uns bei der Bedienung von Geräten, sind vertraut oder lassen rätseln, sind abstrakt oder ausformuliert. Derzeit gewinnen sie erneut an Brisanz, denn kein Interface kommt ohne sie aus – je kleiner sie sein können, desto besser. Was machen sie mit uns, was können wir mit ihnen machen?
»Du sollst Dir kein Bildnis machen«, heißt es in der Bibel. So absolut nimmt es das christliche Abendland allerdings nicht. Vor Einführung der Schulpflicht gab es für des Lesens Unkundige bildliche Darstellungen biblischer Szenen an Kirchenwänden. Heutzutage lesen Menschen immer weniger, lernen aber, unzählige Bildzeichen zu verstehen – sei es auf Verkehrsschildern, Verpackungen oder Bildschirmen. Jedes von ihnen kommuniziert einen Sinninhalt: Warnung, Gebot, Information, Identität u.v.m.
Im Verlauf dieses Methoden-Workshops mäandern wir durch verschiedene Kulturen, Zeiten und Kontexte. Können wir in Polen die Damen- von der Herrentoilette unterscheiden? Können Inder das bei uns? Lassen sich mit mehreren kleinen auch größere Sinninhalte transportieren? Die Ägypter haben das erfolgreich vorgemacht. Bei uns ist die Swastika ein Nazi-Symbol, in Asien steht sie für Glück. Wie das? Der ostdeutsche Ampelmann ist ein Popstar. Ach, Zeichen können berühmt werden? altern? haben so etwas wie eine Grammatik?
Wir betrachten formale Verwandschaften und verschiedene Lösungen für vergleichbare Inhalte. Wir prüfen die Auswirkung von Abbildungsgrößen, wir spielen mit Abstraktions- und Komplexitätsgraden, verändern Proportionen und Anordnungen, reinszenieren Zusammenhänge und schauen, wie sich Bedeutungen von Piktogrammen teilweise dramatisch ändern.
Ablauf
Praktische Übungen wechseln mit theoretischen Exkursen und Kurzvorträgen meinerseits. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiten in der Gruppe, zu zweit und einzeln an von mir gegebenem, selbst mitgebrachten und gemeinsam botanisierten existierenden, einfarbigen Bildzeichen.
Ziel
Gesteigerte Wahrnehmung der persönlichen täglichen Umgebung mit ihren vielen und vielgestaltigen Botschaften, Sendern und Empfängern. Bereicherung des eigenen visuellen Vokabulars. Einsicht in die Potenz von Bild-Konzentraten. Grundverständnis ihrer Anwendungsfälle, Leistung, Vorteile und Gefahren. Kundigkeit im Einsatz von Piktogrammen in der eigenen gestalterischen Arbeit. Anregungen für den Entwurf eigener Bildzeichen und Bildzeichenfamilien. Horizonterweiterung über den eigenen Kulturkreis und die eigene Zeit hinaus.
Kompatibilität
Ich komme gern auch zu Deiner Hochschule, Agentur, Institution, Firma. Schreib mir einfach ein Mail, damit wir Details und Termine abstimmen können.
Mir ist jetzt erst aufgefallen, dass es hier in der Mensa drei verschiedene Piktogramme für die Notausgänge gibt. Und ich bin schon im siebten Semester!
Diatra, Studentin im Master, Pforzheim
Ich fand das Timing gut. Ich fand es oft auch witzig. Mich hat gewundert und auch ein bisschen beruhigt, dass selbst die Profi-Designer nicht alles unbedingt gut und konsequent hinkriegen. Und ich fand spannend, Ergebnisse von anderen Gruppen von diesem Workshop zu sehen.
Alexander, Student im Bachelor, Augsburg
Erstaunlich, wie viel Informationen man in so ein kleines Bild packen kann. Ich dachte irgendwie, es gibt nur eine bestimmte Art davon, aber das ist ja ein richtig großes Feld. Ich sehe jetzt: man kann an ganz vielen Stellen einsteigen. Die vielen verschiedenen Möglichkeiten, wie ich selber mit Zeichen arbeiten und so einen eigenen Blick kriegen kann, das hat mich begeistert. Und ich fühle mich ermutigt, mehr meinen eigenen Weg zu gehen.
Lea, Studentin im Bachelor, Augsburg